Saskia Zeh

„Kinder müssen ermuntert werden, ihre Wege zu gehen“


Schon immer hat Saskia Zeh sich für Migration und Integration interessiert. Nach ihrem Abitur entschied sich die Münsteranerin deshalb zu einem Studium der Ethnologie, Religionswissenschaft und Soziologie und schloss dies mit einer Magisterarbeit zum Thema Migration und Integration ab. Heute arbeitet sie hauptamtlich für die GGUA, die Gemeinnützige Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender. Schon als Studentin war sie als Ehrenamtliche im Schlauberger-Projekt der GGUA lange Zeit aktiv. Die GGUA hat es sich vor über 30 Jahren zur Aufgabe gemacht, Flüchtlinge und Asylsuchende in Münster zu unterstützen. Bei sozialen und aufenthaltsrechtlichen Problemen, aber auch hinsichtlich des Asylverfahrens erhalten die Flüchtlinge hier professionelle Unterstützung.

Auch gegenüber Verwaltung und Politik werden die Interessen der Flüchtlinge vertreten. „Neben der schulischen Unterstützung geht es auch darum, die Kinder emotional aufzubauen.“ Anfang 2005 rief die Organisation das Projekt Schlauberger ins Leben. „Kinder ermuntern, ihre eigenen Wege zu gehen“, das ist das Ziel des Projekts, so Projektleiterin Saskia Zeh. Mit ca. 100 Ehrenamtlichen in ihrem Rücken werden Kinder mit Migrationshintergrund in schulischen Belangen unterstützt. Die Ehrenamtlichen helfen den Kindern beim (Sprache-) Lernen oder den Hausaufgaben. Sie erzählen und lesen gemeinsam mit ihnen und bestärken sie in ihrem Selbstvertrauen. Eigentlich ist Schlauberger ein Partnerschaftskonzept mit 1:1 Gedanken. Saskia Zehs erster Kontakt mit dem Konzept lief allerdings etwas anders ab. Einen Nachmittag in der Woche war sie zunächst in einer Gruppensituation aktiv. „Das erste Treff en war aufregend – für beide Seiten“. Schließlich treffen bei jeder Begegnung Menschen mit verschiedenen Geschichten, verschiedenen Kulturen aufeinander. „Ein bisschen Hausaufgaben machen, Nachhilfe geben, dachte ich“, lacht die Münsteranerin. Schnell stellte sich jedoch heraus, dass den Kindern dringlichere Themen auf dem Herzen lagen. Vor allem die Lebenssituation macht vielen Kindern zu schaff en. Neben der schulischen Betreuung geht es eben auch darum, die Kinder auf emotionaler Ebene zu unterstützen und aufzubauen. Über einhundert Partnerschaften umfasst das Projekt inzwischen. Der Andrang ist groß. Kinder, die neu nach Deutschland kommen, stehen vor einigen Herausforderungen, ist sich die Projektleiterin sicher. „Nicht muttersprachlich deutsch zu sein, Probleme bei der Ausdrucksweise zu haben, dem wird in der Gesellschaft wenig Verständnis entgegen gebracht“, kritisiert sie. Das Projekt will den Kindern vermitteln, dass sich viele Menschen für sie interessieren und dass sie ernst genommen werden. „Jedes Kind hat Fähigkeiten und das muss ihnen vermittelt werden“, betont Saskia Zeh. Die Freiwilligen gehen oft in die Familien, lernen das Umfeld der Kinder kennen. So nehmen auch die Ehrenamtlichen viel für sich mit. „Durch den persönlichen Kontakt werden die Freiwilligen sensibilisiert für die (Lebens)situationen von Flüchtlingen und Migranten“, erklärt sie. Durch einen solchen Kontakt entstehe bei vielen Freiwilligen auch eine Verantwortungsübernahme, sie machen sich stark für die Rechte von Flüchtlingen und setzen sich gegen bestimmte Ungerechtigkeiten ein. Oft sind es die Eltern, die sich bei Saskia Zeh und ihren Kollegen melden. Dennoch ist es von großer Bedeutung, dass das Projekt den Kindern nicht aufgezwungen ist. „Die Kinder sollen freiwillig und mit Spaß dabei sein.“ Für Saskia Zeh ist es selbstverständlich, sich ehrenamtlich zu engagieren. Das Interesse, sich in der Flüchtlingshilfe zu engagieren wurde schon durch ihre Großmutter geweckt. Saskia Zehs Großmutter fl oh zu Kriegszeiten aus Ostpreußen. Als sie zurückkehrte, wurde sie aus ihrer Heimat vertrieben. Zusammen mit ihrer Großmutter setzte Saskia Zeh sich daran, die Vergangenheit aufzuarbeiten. Gemeinsam zeichneten sie den Weg nach, besuchten die Heimat und schrieben das Erlebte auf. Der Münsteranerin wurde deutlich, wie sehr es Vertriebenen helfen kann, über das Erlebte zu sprechen und auf Interesse zu stoßen. Immer wieder würde sie sich engagieren, betont Zeh. Den Erfolg und den Lebensweg der Menschen mitzuerleben, sie glücklich zu sehen und ggfs. einen Teil dazu beitragen zu können, ersetzte allen Aufwand.

Maike Bäumer