Erfolgreicher Abschluss von "Alltagshelden und Münsterbeweger"


Die Kulissen, die im Wolfgang-Borchert-Theater den Hintergrund für die dritte Matinee der Bürgerstiftung bildeten, stammten aus der Produktion „Lauf doch nicht immer weg!“ – und bildeten damit einen amüsanten Kontrast zu den Personen, die an diesem Morgen auf der Bühne saßen. Denn das waren samt und sonders Leute, wie Moderator Christoph Tiemann lächelnd konstatierte, die nicht weglaufen, sondern „die auf die Aufgaben zulaufen“. Ehrenamtler eben...

Bei der dritten und letzten Matinee, die wieder ein sehr interessiertes Publikum fand, ging es um „Engagement in Gegenwart und Zukunft“ und Münsters Entwicklung zur „weltoffenen Bürgerstadt“. Nach einem Einleitungsreferat von Prof. Dr. Klaus Anderbrügge (s. Seite 69) standen in drei Gesprächsrunden vor allem Internationalität und Integration, der demografische Wandel und die Zusammenarbeit von Jung und Alt sowie die weitere Stadtentwicklung auf dem Programm.

Die Integration, um die sich der Initiativkreis Hoppengarten bemüht, entstand gewissermaßen aus einem Proteststurm. Denn der, so berichtete Monika Twenhöven, brach los, als vor Jahren bekannt wurde, dass in das Studienkolleg am Hoppengarten statt der Studenten „etwa 50 Roma mit vielen Kindern“ einziehen sollten. Doch der Pfarrer von St.-Thomas-Morus hielt dagegen: „Jetzt sind wir gefordert“ habe er der Gemeinde gesagt und an die christliche Nächstenliebe appelliert. Mit Erfolg. Es bildete sich ein Initiativkreis von bis zu 25 Personen. Was damals mit einer Einladung zu Kaffee und Kuchen begann („Da hat man viel mit Händen und Füßen geredet.“), hat mittlerweile Hand und Fuß: Der Initiativkreis organisiert unter anderem Kinderbetreuung und Hausaufgabenhilfe, Freizeitangebote und Praktikumsplätze.

Dass Integration auch ganz anders gehen kann – dafür steht das Projekt „Rock Your Life“: Studenten nehmen Schüler von zwei Hauptschulen, „die einen sehr hohen Migrationsanteil haben“, in den letzten beiden Schuljahren „ein bisschen an die Hand“, wie es Julius Wegmann formulierte, um sie auf dem Weg in einen Beruf oder auf eine weiterführende Schule zu begleiten. Ein Eins-zu-Eins-Coaching, das für beide Seiten eine wichtige Erfahrung mit sich bringt, so Wegmann: „Denn da kommen Leute zusammen, die sich sonst vermutlich nie treffen würden.“

Um die Zusammenarbeit von Jung und Alt geht es bei einem Projekt, das Erwin Stroot von der Stadt übernommen hat: „Wohnen für Hilfe“. Die Stadt, so berichtete Stroot, habe dafür in drei Jahren 160.000 Euro ausgegeben und lediglich 40 Vermittlungen verbucht. Deshalb sollte das Projekt aus Kostengründen eingestampft werden. Stroot: „Da habe ich gesagt: Dann mache ich weiter, und zwar umsonst.“

„Umsonst“ wollte auch Dr. Günter von Steinaecker nach der Pensionierung arbeiten: „Man kann ja auch mal was zurückgeben.“ So kam er zur Bürgerstiftung, wo er im Bereich Alt & Jung gleich mehrere Projekte begleitet. Eines besteht darin, „junge Leute, die Interessantes zu bieten haben, vor älteren Leuten reden zu lassen“ – also vor allem Studenten, die als Stipendiaten für ein oder zwei Semester ins Ausland waren. Die Idee habe sowohl bei den Studenten als auch bei den Altenheimen „bombig eingeschlagen“. Und firmiert intern jetzt unter dem Titel: „Das fliegende Seniorenheim“

Wie unterschiedlich man sich für die weitere Stadtentwicklung engagieren kann, zeigte die dritte Gesprächsrunde. Stefan Rethfeld, Architekt und Journalist, versucht mit einem Verein ein Stadtmodell auf die Beine zu stellen, das im Endstadium die Ausmaße einer Drei-Zimmer-Wohnung haben dürfte. Wobei, so Rethfeld, das Modell eigentlich nur ein Vehikel sei, um die Diskussion über Stadt, Planung und Architektur zu verbessern und zu intensivieren. Das Feuer der Begeisterung ließ auch Dr. Rainer Kossow spüren, der mit der Initiative Transition Town die Frage stellt „wie wir in Münster leben wollen, wenn die fossilen Brennstoff e ausgehen“. Und der außerdem gerade dabei ist, auf einem Grundstück an der Rudolf-Diesel-Straße ein Kulturquartier zu schaff en, wo Kreativität, Kultur, Bildung und Ökologie eine ganz besondere Verbindung eingehen. „Das ist der Hammer, was da abgeht.“

Eigentlich, so hatte Moderator Christoph Tiemann zu Beginn der Matinee mit belegter Stimme und leichtem Lächeln betont, wäre er an diesem Sonntagmorgen besser zu Hause geblieben, um seine angegriffenen Stimmwerkzeuge zu schonen – aber er habe auf keinen Fall die Gelegenheit versäumen wollen, „so spannende Leute zu treffen“. Ein weiser Entschluss. Das fand auch Hans-Peter Kosmider, Vorstandsvorsitzender der Bürgerstiftung, der sich am Ende der Matinee erneut beeindruckt zeigte, wie Münsteraner sich ehrenamtlich für die Stadt und ihre Menschen engagieren. „Das macht Münster aus.“

Wolfgang Schemann